Die Zeit, 27.10.2011
Ins Museum statt in den Wald

Frankfurter Neue Presse, 31.08.2009
Russisch im Kindergarten

FRANKFURTER Rundschau, 03.03.2008
Auch Russen wollen eine eigene Schule

Hessischer Rundfunk, Juni 2007
Репортаж о немецко-русском детском саде «Незабудка» (Youtube)

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 16.09.2006
„Nezabudka“ heißt Vergissmeinnicht

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 02.11.2005
Frankfurt als zweite Heimat

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 25.10.2005
Mit Schach und Mathe zu den Wurzeln

NEUE ZEITEN, NR. 9, 2005
Родной иностранный язык

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 05.09.2005
Russischer Verein jetzt im Nordend

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 01.07.2005
Auf der Bühne fürs Leben lernen

FRANKFURTER NEUE PRESSE, 22.03.2004
Beim Frühlingsfest vertreiben Russen die Kälte

FRANKFURTER NEUE PRESSE, 08.12.2003
Verein bringt russisches Flair in die Stadt

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 16.09.2006
„Nezabudka“ heißt Vergissmeinnicht
Zweisprachigkeit gehört in Hessens erstem deutsch-russischen Kindergarten zum Konzept / Einrichtung in Frankfurt bietet 40 Plätze/ Große Nachfrage

Fröhlich und ausgelassen laufen die Kinder mit Bobbycars, Fahrrädern und Rollern zum Spielen und den Hof. Die Eltern und Erzieherinnen folgen mit etwas Abstand. Gelegentlich ist ein Satz auf deutsch zu hören, dann wieder einer auf russisch: Und dies wird auch so bleiben. Denn in Bockenheim, unweit des Westbahnhofs, ist jetzt der erste deutsch-russische Kindergarten Hessens eröffnet worden. „Nezabudka“ heißt er, was auf deutsch Vergissmeinnicht bedeutet.
Zur Zeit werden in der Einrichtung gerade einmal acht Kinder betreut, in den nächsten drei Monaten sollen es bis zu 40 regelmäßige Besucher werden, sagt Julia Zabudkin, Leiterin von „Nezabudka“, die aus Kiew stammt. Schon 180 Frankfurter Familien haben ihren Angaben zufolge den Wunsch geäußert, auch für ihre Kinder einen Platz in der zweisprachigen Einrichtung zu bekommen. „Wir hätten gerne alle Kinder genommen“, sagt sie, aber die Stadt habe die Zahl der Plätze auf 40 begrenzt. Träger des Kindergartens, der städtische Zuschüsse erhält, ist der Verein zur Pflege der russischen Kultur „Slowo“, der in Frankfurt bereits eine deutsche- russische Schule unterhält.
Das große Interesse an dem neuen Kindergarten läßt sich vor allem mit der beachtlichen Zahl der in Frankfurt lebenden Russen erklären. Laut Bürgeramt wohnen in der Stadt inzwischen mehr als 6500 ehemalige Bürger der Sowjetunion. Viele von ihnen haben einen Partner in Deutschland gefunden, so daß nur rund 20 Prozent der angemeldeten Kinder aus rein russischen Familien kommen. Sie versuchen, ihrem Nachwuchs mit Hilfe des Kindergarten- Angebots die Integration in die deutsche Gesellschaft zu erleichtern. Etwa 60 Prozent der Kinder in „Nezabudka“ stammen aus deutsch-russischen Familien, so wie der zwei Jahre alte Constantin. Seine Mutter Bo Batenina ist Russin und arbeitet als freie Malerin. Im Kindergarten hat sie die Toilettenwände mit lustigen Motiven bemalt, damit sich die Kleinen auch an diesem Ort wohl fühlen.
„Die Eltern sind bereit, alles für die gute Atmosphäre zu tun“, so Zabudkin. Denn alle verfolgten ein Ziel: Ihr Kind Solle später fließend mindestens zwei Sprachen beherrschen. „Ich möchte, dass mein Kind in zwei Kulturen aufwächst“, sagt Batenina. Im Kindergarten höre ihr Sohn, dass nicht nur seine Mutter Russisch spreche, sondern auch andere Kinder – das hält sie für sehr wichtig. „Außerdem“, sagt sie, „lernt man beim Spielen schneller.“
Die Kindergartenkinder werden nach einem Sprachlehrverfahren geschult, das in Deutschland seit 30 Jahren mit Erfolg eingesetzt werde: der Immersionsmethode – auch „Sprachbad“ genannt. Dabei werden Kinder nach dem Prinzip „eine Sprache, eine Person“ betreut. Das bedeutet, daß die deutsschsprachigen Erzieherinnen mit den Kindern nur deutsch, die russischsprachigen Kräfte mit ihnen nur russisch sprechen. Deshalb passen auf die 40 Kinder zwei deutsche und zwei russische Betreuerinnen auf. Erzieherin Christine Deppe ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Russisch ist ihr vertraut, doch braucht sie diese Sprache nur, um die Kinder zu verstehen; schließlich redet sie stets deutsch mit ihnen.
„Wir haben versucht, aus der Art, wie in beiden Kulturen Kinder erzogen und betreut werden, nur das Beste zu übernehmen“, erzählt Leiterin Zabudkin. Von deutschen Kindergärten sei die Gruppenbildung übernommen worden: die Kinder werden nicht nach Alter geteilt, sondern spielen zusammen. Altersgruppen werden nur dann gebildet, wenn es Vorschulunterricht gibt. Das entspricht der russischen Tradition. „Wir können die Kinder nicht ganzen Tag frei spielen lassen“, sagt Zabudkin. Von ihrem Temperament seien Kinder dafür viel zu unterschiedlich. Weniger aktive müßten von den Erzieherinnen stärker angesprochen und eingebunden werden. Auf dem Programm stehen Sport, Musik, Kreativitätsförderung, Naturerkundung und Ausflüge – Angebote, für die eigens pädagogische Fachkräfte in den Kindergarten kommen. „Ich finde die russische Pädagogik sehr vielfältig, darum bin ich hier“, sagt Erzieherin Christine Deppe.
Manche Eltern bringen ihre Kinder auch deshalb zu „Nezabudka“, damit die Kleinen die Sprache ihrer Eltern oder Großeltern nicht verlernen. „Meine Frau ist total glücklich, dass wir hier einen Platz für unsere Tochter bekommen haben“, erzählt Christopher Thiel. Die Mutter seiner Frau, „unsere Babuschka“, stamme aus Russland und spreche mit der fünf Jahre alten Enkelin Lucie Marie nur russisch. Ohne Hilfe eines Pädagogen sei es jedoch zu schwer, das Kind bilingual zu erziehen und es mit der russischen Kultur und landesspezifischen Traditionen vertraut zu machen.
Aber auch bei deutschen Eltern findet die russische Lehrtradition Zustimmung. Bei etwa 20 Prozent der Familien im Kindergarten sind Vater und Mutter Deutsche. Elisabeth Richter beispielsweise will ihren zwei Jahre alten Sohn Joachim von November an in den Kindergarten bringen. Russisch wird für ihn eine Fremdsprache sein. „Ich bin gespannt, ob er Russisch im Laufe von vier Jahren ordentlich lernen wird“, sagt sie; Englisch oder Französisch komme ohnehin später in der Schule noch dazu. Letztlich habe das gesamte Konzept auf sie einen guten Eindruck gemacht. In Frankfurt biete ja durchaus nicht jeder Kindergarten den Sprösslingen eine musikalische Früherziehung an. Ganz uneigennützig ist das Interesse von Elisabeth Richter am Russischunterricht ihres Sohnes nicht: „Ich kann mir gut vorstellen, dass ich für ein paar Jahre zum Arbeiten nach Russland gehe“, sagt sie. Dort habe sie zwei Jahre lang studiert.
„Ich finde, ich habe Glück, daß ich mit deutschen und russischen Kindern arbeiten darf“, sagt Lidia Müller, eine der vier Betreuerinnen, die aus Kasachstan stammt, wo sie 20 Jahre lang als Grundschullehrerin tätig war, bevor sie nach Deutschland auswanderte. Zweisprachigkeit ist für sie selbstverständlich. Auch wenn sie im „Nezabudka“ beim täglichen Abschiedslied der Kinder für die russischen Strophen zuständig ist – während Christine Deppe den Kleinen ein deutsches Lied mit auf den Weg gibt.
Ekaterina Maksimova

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 02.11.2005
Frankfurt als zweite Heimat
Mehrere Initiativen kümmern sich um die Menschen aus Russland

Rund 2200 Russen leben in Frankfurt. Ein breites Angebot an Sprachkursen für den Nachwuchs zeigt, dass auch hiesige Russen die Verbindung zur Heimat weiter pflegen wollen. Weil Frankfurt auch in den deutsch-russischen Beziehungen eine immer wichtigere Rolle spielt, wird in der Stadt in einigen Monaten ein russisches Generalkonsulat eröffnet.
Frankfurt. An ihre Zeit in Heidelberg erinnert sich Elena Stein nicht ungern. Und dennoch „war ich dort mehr ein Exot“, sagt die 26-jährige Russin. Vor fünf Jahren lernte die Frau, die derzeit an ihrer Promotion in Politikwissenschaft schreibt, ihren deutschen Ehemann kennen und zog im März mit ihrer Familie nach Frankfurt. Wenn sie mit ihrer kleinen Tochter den Spielplatz in Bockenheim besucht, fühlt sie sich keineswegs als Exotin. Im multikulturellen Getümmel trifft sie deutlich weniger Deutsche als in Heidelberg. Stein schätzt vor allem, dass es in Frankfurt vier Institutionen gibt, in denen die russischen Kinder ihre Heimatsprache lernen können und in Verbindung mit ihrer Kultur bleiben.
Steins zweijährige Tochter besucht einen Kurs bei Julia Zabudkin, die seit mehr als vier Jahren im Haus der Volksarbeit mehrere Gruppen von deutschen und russischen Kleinkindern betreut. Für Anfang 2006 plant die Sozialpädagogin den ersten deutsch-russischen Kindergarten in der Stadt. Der Bedarf sei da bei mehr als 10 000 Bürgern der ehemaligen Sowjetrepubliken, die im Rhein-Main Gebiet leben.
Zabudkins deutsch-russische Kinderklubs gehören zum Verein Slowo, der sich vor vier Jahren gründete, die russische Kultur pflegen will und seit drei Jahren muttersprachlichen Unterricht anbietet. Die Kinder aus hiesigen russischen Familien sprächen meist besser Deutsch als Russisch, sagt die Slowo-Vorsitzende Natalja Vukolova. Die Samstagsschule desVereins zog vor einigen Wochen in das „Russlandhaus am Main“ im Oeder Weg. 150 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren besuchen die Kurse, um die russische Sprache, Literatur und Geschichte zu lernen. Vukolova hofft, später auch deutschstämmige Kinder in Russisch unterrichten zu können.
Slowo hat sich von dem traditionellen Anziehungspunkt der Russen gelöst. In den vergangenen Jahrzehnten lag das Zentrum in der Russisch-Orthodoxen Kirche am Industriehof. Sie ist eng verbunden mit der F. M. Dostojewski-Schule, die immer samstags in den Räumen der Willemer-Schule in Sachsenhausen unterrichtet. Für Vukolova und einige Gleichgesinnte war der religiöse Einfluss zu groß. Sie entschieden sich für einen eigenen Verein.
Schulen unterrichten die Sprache und Kultur der alten Heimat
Derzeit hat die Dostojewski-Schule rund 80 Schüler im Alter vier bis 16 Jahren. Neben Religion gibt es auch Russisch, russische Literatur und Geschichte als Unterrichtsfächer. Träger der Schule ist der Russisch-Deutsche Kulturkreis. Die enge Bindung an die Orthodoxe Gemeinde empfindet Schulleiterin Elena Dubs als nicht problematisch. Ein Konkurrenzverhältnis bestehe nicht zwischen den beiden Einrichtungen, versichert Dubs. Zum Kern der orthodoxen Gemeinde gehören derzeit rund 500 Gläubige, sagt der Kirchenälteste Michael Gorachek. Geht es über die Stadtgrenzen hinaus, seien es bis zu zehnmal so viel. Tatsächlich dürften im Rhein-Mein-Gebiet weit mehr als 10 000 russischsprachige Menschen leben. In Frankfurt sind 2200 Personen, die einen Pass der Russischen Föderation besitzen. Nicht erfasst werden die Russlanddeutschen, die einen deutschen Pass haben.
Um die jüdischen Zuwanderer kümmert sich die Soziale Abteilung der Jüdischen Gemeinde im Westend. Hier wurden im vergangenen Jahr zwischen 150 und 200 Menschen aufgenommen, schätzt Dalia Moneta, Leiterin der Abteilung. Die Klientel, mit der sie es zu tun habe, sei sehr selbstbewusst und gut qualifiziert, so dass es vielen nicht leicht fiele, in Deutschland erst einmal Sozialhilfe beantragen zu müssen. „90 Prozent haben einen akademischen Abschluss, der zum großen Teil aber nicht anerkannt wird.“
Im Gegensatz zu den Orthodoxen, denen nachgesagt wird, sich eher zu isolieren, seien die Zuwanderer jüdischen Glaubens hingegen sehr neugierig auf das neue Umfeld, und „die Mehrheit ist bestrebt, so schnell wie möglich die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen“, sagt Moneta. Im vergangenen Jahr ließen sich 90 Personen in Frankfurt einbürgern. Die Abteilungsleiterin ist sich sicher, dass der Großteil davon jüdische Einwanderer sind.
Sowohl von der Stadt als auch von den Vereinen wird der Eindruck bestätigt, dass sich die russische Gemeinschaft lange nicht so geschlossen präsentiert wie andere Nationen. Lorenzo Horvat vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten (Amka) hat dafür eine Erklärung. Spezifisch für die Russen sei ihre Zersplitterung in unterschiedliche Gruppen. Seien die Italiener als klassische Gastarbeiter beispielsweise eine sehr homogene Gemeinschaft, handele es sich bei den Russen mit den Juden, Russlanddeutschen, kurzfristigen Arbeitnehmern bei russischen Firmen und Schwarzarbeitern um Menschen mit einem so grundlegend verschiedenen Hintergrund, der nicht überwindbar sei.
Mitte der 90er Jahre sei der Versuch des Amka, ein gemeinsames Forum zu schaffen, an dieser Zersplitterung und den unterschiedlichen Ansprüchen gescheitert. Und das trotz einer etablierten Infrastruktur mit eigenen Lebensmittelgeschäften, Ärzten und einer monatlichen Informationszeitschrift namens „Neue Zeiten“.
Derzeit gibt es laut Olaf Atja Lemmingsohn von der Wirtschaftsförderung 40 russische Firmen in der Stadt. Ihre Zahl steigt deutlich schneller als die der Firmen aus anderen osteuropäischen Ländern. Als Jobmaschinen fielen diese Firmen zwar nicht gerade auf, ginge es doch vorrangig darum, hier Kontakt zu potenziellen Kunden aufzubauen, so Lemmingsohn. Interessant ist die Mainmetropole nicht zuletzt wegen ihrer Verkehrsanbindungen unter anderem für Banken und Softwarefirmen. „Mit gut 500 Flugverbindungen nach Osteuropa hat Frankfurt mehr Verbindungen nach Russland als die Flughäfen in London und Paris“, so Lemmingsohn.
Wegen dieser Bedeutung soll das Russische Generalkonsulat in Frankfurt etabliert werden. Und am 30. November wird es zum fünften Mal den Russischen Wirtschaftstag geben. Zu diesem Anlass wird der russische Wirtschaftsminister German Gref in der Stadt erwartet.
Ben Reichardt

 

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 25.10.2005
Mit Schach und Mathe zu den Wurzeln
Seit vier Jahren macht die russische Samstagschule „Slowo“ Kinder mit der Kultur ihrer Eltern vertraut

Es ist Samstagmorgen, 9.15 Uhr. Schwere graue Wolken überziehen den Himmel über Frankfurt. Seit Stunden regnet es ununterbrochen. Die Straßen um den Lokalbahnhof sind wie leer gefegt. Doch manche scheint das miese Wetter nicht zu stören: Munter schreiten die kleinen schwarzen Kinderstiefel den Berg des Hainer Wegs hoch. „Schneller, Mama! Wir kommen noch zu spät“, ertönt es auf russisch unter dem rosa Regenschirm. Die kleine Celina hat es eilig: In 15 Minuten fängt der Unterricht in der russischen Samstagsschule „Slowo“ an, in die das sechs Jahre alte Mädchen seit vier Wochen geht.

Seit 2001 bietet „Slowo“ (deutsch: „das Wort“), der Verein zur Pflege der russischen Kultur, jeden Samstag ein Unterrichtsprogramm nach russischen Lehrplänen an. Es begann mit zehn russischen und deutschen Eltern und einem gemeinsamen Ziel: Kinder aus russischsprachigen und bilingualen Familien für ihre russischen Wurzeln zu sensibilisieren. „Wir hatten anfangs gar nicht vor, etwas Enormes auf die Beine zu stellen, und haben uns keine großen Ziele gesetzt. Wir wollten einfach, dass unsere Kinder Russisch lernen“, sagt Natalia Vukolova, die Initiatorin und Direktorin der Schule. Mittlerweile unterrichten etwa 20 Lehrer fast 150 Schüler und Vorschulkinder.

Auch das Programm hat sich mit der Zeit verändert: Waren es zunächst nur die Fächer, die in den deutschen Schulen nicht unterrichtet werden, also Lesen und Schreiben auf Russisch, so gehören heute auch Geschichte und Literatur fest in den Stundenplan. „Es ist sehr schwer, die russische Sprache zu lernen, ohne die Geschichte des Landes zu kennen. Später, beim Lesen großer literarischer Werke, würden die Kinder einfach vieles nicht verstehen“, sagt Vukolova. Und so pauken die Schüler jeden Samstag nach der ganz normalen Woche in der deutschen Schule, woher die russischen Namen stammen und wie die drei Recken in den altrussischen Sagen heißen.

Immer wieder versucht die Schuldirektorin, neue Angebote in den Stundenplan einzubauen. Stets nach dem Motto „Jedes Fach trägt zur Bildung und Entwicklung bei“. So können neben den Pflichtfächern auch einige weitere Stunden gewählt werden: Schach, Mathematik, Malen, Tanzen und Chorsingen haben sich in den vergangenen vier Jahren bei vielen Kindern als beliebte Samstagsbeschäftigungen bewährt. Dieses Jahr können die kleinen Polyglotten von „Slowo“ auch Englisch lernen. Besonders gefragt seien die Fächer, in denen die Ausbildung in Russland traditionell besser sei. Mathematik und Schach seien Beispiele dafür.
Hauptsächlich bringen aber die Eltern ihre Kinder zu „Slowo“, damit die Kleinen die Sprache nicht verlernen. „Russisch ist unsere Muttersprache“, sagt Celinas Mutter, „und wir wollen, daß unsere Kinder sie auch sprechen. Außerdem fördert die Zweisprachigkeit die Kinder in ihrer intellektuellen Entwicklung.“ Zu Hause bei Celina werde nur russisch gesprochen, doch der Akzent der Erstklässlerin und die falsche Deklination der Adjektive verraten, daß Goethes Sprache die von Tolstoi in den Hintergrund gedrängt hat. Natalia Vukolova sieht darin einen Trend: „Je kleiner die Kinder, desto schlechter sprechen sie Russisch. Die meisten Erstklässler sind schon in Deutschland geboren, in den Pausen sprechen sie oft deutsch miteinander, weil ihnen diese Sprache leichter fällt“. Deswegen wird der Lehrplan mit Rücksicht auf die Bilingualität der Kinder aufgestellt. Das reguläre russische Schulprogramm musste geändert werden: Für die Fibel, die die Grundschüler in Russland in drei Monaten durchnehmen, brauche man in “Slowo“ ein ganzes Schuljahr.
Galina Iwanowa unterrichtet eine der ersten Klassen und weiß, daß nicht nur die Sprachkenntnisse die „Slowo“-Besucher von den in Russland lebenden Schülern unterscheiden. „In ihrem Benehmen sind sie eher wie die deutschen Kinder“, sagt die Lehrerin, die bis vor zwei Jahren in einer russischen Grundschule arbeitete. „In den deutschen Schulen ist mehr erlaubt, deswegen ist auch die Disziplin schwächer. Unsere Methode ist strenger.“ Ob nur aus Nostalgie oder aus objektiven Gründen – auch bei den Eltern scheint die russische Lehrtradition auf mehr Zustimmung zu stoßen. „Uns ist es sehr wichtig, daß unser Sohn liest, und ich habe nicht das Gefühl, daß die deutsche Schule bei ihm den Spaß am Lesen weckt“, sagt einer der Väter. Für „Slowo“ dagegen findet er nur lobende Worte: „Das, was diese zehn Menschen auf die Beine gestellt haben, verdient großen Respekt.“

Die Begeisterung der Eltern ist für Natalia Vukolova dennoch kein Grund, sich auf dem Lorbeer auszuruhen. Bescheiden erzählt sie von den neuen Projekten. Am besten erscheine ihr eine Schule, in der von der zweiten Klasse an eine Reihe von Fächern auf Russisch unterrichtet werde. Im Januar soll als erster Schritt auf dem Weg zum großen Ziel ein zweisprachiger Kindergarten eröffnet werden. Auch deutsche Eltern sollen schon Interesse gezeigt haben. „Russland ist ein großes Land mit reicher Kultur. Dieses Land wird man immer in Betracht ziehen müssen. An der Nachfrage wird das Projekt nicht scheitern“, vermutet Vukolova.
Celina interessieren die Zukunftsperspektiven im Moment nur wenig. Für sie zählt nur eines – daß es jeden Samstag „richtig Spaß macht“.
Maria Babkina

Die Aufnahme in die russische Samstagschule „Slowo“ ist während des ganzen Jahres möglich. Am Ende jedes Schuljahres bekommen die Kinder ein Zeugnis über die Teilnahme am Russischunterricht, das in der Regel in die deutschen Zeugnisse aufgenommen werden kann. Finanziert wird die Samstagschule aus den Beiträgen, die von den Eltern gezahlt werden. Eine Unterrichtsstunde kostet fünf Euro. Für Mitglieder des Vereins zur Pflege der russischen Kultur gelten Rabatte. Die Mitgliedsgebühr beträgt 50 Euro im Jahr. Weitere Informationen im Internet unter www.slowo-ev.de

 

NEUE ZEITEN, NR. 9, 2005
Родной иностранный язык
10 сентября в русской воскресной школе «Слово» начался очередной учебный год. Необычный, можно сказать юбилейный. Почти пять лет назад, в октябре 2001 года, во Франкфурте-на-Майне появилось одноименное общество русской культуры.

Основали его десять энтузиастов – родители и педагоги, не желавшие мириться с мыслью об «обреченности» русского языка в Германии. Стремление сохранить родную речь и заинтересовать детей из русскоязычных семей русской культурой и историей требовало серьезной работы и систематических занятий. Так появилась школа, которая сегодня насчитывает около 130 учеников от шести до четырнадцати лет.

Программа ориентирована на росссийскуй систему преподавания, базовых предметов немного: русский язык и литература, с третьего класса – история. И множество факультативов по желанию – от математики, шахмат и английского языка до музыки, рисования, танцев и театра. Классы небольшие – до 10 человек. Однако легкой работу учителя не назовешь. Все они профессионалы с соответствующим образованием и опытом, тем не менее, с подобными проблемами им у себя на родине сталкиваться не приходилось. Бывает, что желание говорить, а уж тем более учиться на понятном, но, как это ни грустно признавать, уже чужом языке, у некоторых ребят отсутствует. Приводят их в школу родители, вот у них с мотивацией все в порядке – записывают своих чад не только русскоязычные жители Франкфурта и окрестностей, но и соседней Баварии.

Торжественная линейка, приветственные речи – привычный ритуал. Его тепло вспоминают мамы, папы, дедушки и бабушки. Наследникам все в новинку, их будни и их жизнь – школа немецкая с другими порядками и традициями. Подрастающее поколение семей иммигранотов и переселенцев еще надо убедить в необходимости усилий для освоения как устной, так и письменной речи, которую слышат они чаще всего лишь дома. А это уже иная методика преподавания, изобретать ее подчас приходится по ходу пьесы, именуемой учебным процессом. Сравнение с театром не случайно. Каждый урок – маленький спектакль.

В нынешнем году первая четверть посвящается русскому фольклору: былины, песни, сказки, загадки, игры. Ученикам отводится роль не зрителей, но активных участников и даже исследователей. Результаты работ они будут докладывать на научно-практической конференции. Не останутся в стороне и творческие натуры, которые смогут продемонстрировать свои таланты во время праздничного представления. А учитель рисования готовит цикл занятий по искусству. Откроет его знакомство с тайнами фортификации. Планируется строительство крепостей и замков, отнюдь не воздушных – вполне солидных моделей из бумаги и картона.

У малышей другие заботы. В игровой форме знакомятся они с богатством русского языка, осваивают счет, ставят руку, чтобы писать не только грамотно, но и красиво. Эти навыки помогают ребятам и в основной – немецкой – школе. Единственная сложность, возникающая иногда на уроках, – скучно русскоязычным ребятам заниматься тем, что они давно уже знают. В Германии программа первого класса предусматривает счет максимум до 20, с которым в «Слове» справляются даже пятилетки. Кстати, для самых маленьких есть школа раннего развития «Словечко». А с января будущего года открывается и детский сад «Незабудка».

Событие не рядовое, поскольку дети смогут приходить на целый день и общаться на русском и немецком. Не единственный во Франкфурте двуязычный детский сад, но первый для русскоговорящего населения. Два языка на старте жизни – это не проигрыш, а подарок судьбы, его нужно развивать, развивая кругозор, эрудицию и культурный уровень ребенка, что, несомненно, даст дополнительные шансы во взрослой жизни.

И, что важно, как залог стабильности и признание заслуг общества русской культуры, финансируется «Незабудка» из городского бюджета. В «Слове» гордятся этим фактом. Но останавливаться на достигнутом не собираются. В ближайшие планы входит создание полноценной русско-немецкой школы.

Анна Красий

 

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 05.09.2005
Russischer Verein jetzt im Nordend

Bei „Slowo“ üben sich Kinder im Vorschulalter in ihrer Muttersprache/ Tag der offenen Tür im Oeder Weg

Der Verein zur Pflege der russischen Kultur, „Slowo“, hat in Oeder Weg 24 ein eigenes Domizil bezogen. Dort lernen vor allem Vorschulkinder fortan ihre russischen Wurzeln kennen.

FRANKFURT. Das „Russlandhaus am Main“ – eine bekannte Anlaufstelle soll sie einmal werden, die neue Unterkunft von „Slowo“ in den angemieteten Räumen im Oeder Weg. Davon schwärmt Natalie Vukolova, die Vorsitzende des Vereins zur Pflege der russischen Kultur. Die Chancen stünden gut.

Was im Oktober 2001 als Initiative von zehn Deutschen und Russen begonnen hatte, um den Kindern ihre russische Abstammung und Muttersprache nahe zu bringen, ist zu einem Verein mit mehr als 150 Mitgliedern und weit mehr als 150 Kindern angewachsen. Da reichte der Platz im Bildungszentrum „Hermann Hesse“ im Hainer Weg in Sachsenhausen nicht mehr aus, um alle Aktivitäten von Slowo anzubieten. Im Oeder Weg finden die Vorschulkinder fortan sogar kindgerechtes Mobiliar und viele Möglichkeiten zum spielerischen Lernen. Am Samstag öffnete „Slowo“ die Türen seiner Einrichtungen für Besucher.
Angebot gilt auch für Deutsche.

Der Verein kann bereits jetzt mit bis zu 60 Kindern rechnen, die am Samstagvormittag für jeweils drei Stunden zu „Slowo“ kommen, um zu lernen und zu spielen. Für den zweiten Termin am Freitagnachmittag sind noch Plätze frei. „Wir wollen die Bilingualität unterstützen“, erklärt Natalie Vukolova ein Anliegen der pädagogischen Arbeit.

„Es wäre für mich undenkbar, wenn meine Kinder nicht Russisch sprachen könnten“, macht sie weiter deutlich. Ihre beide Kinder Robert und Daria mögen zwar am Samstag nicht immer die russische Schule besuchen, während die deutschen Kinder frei haben. Doch als angehender Gymnasiast mit akzentfreiem Deutsch und einer Note 1 in gleichem Schulfach behauptet der Zehnjährige selbstbewusst: „Russisch ist meine Muttersprache.“ Schon Anderthalbjährige können bei „Slowo“ montags und mittwochs in einer Art „Minikindergarten“ die ersten zweisprachigen Impulse aufnehmen. Lang ist die Liste der Angebote, die der russische Kulturverein nach und nach auch für Erwachsene etablieren will: Dazu zählen Musikunterricht, weitere Sprachkurse, Karate, Schach, Vorträge und Kochkurse. Mit hoher Publikumsfrequenz ist der Verein zuversichtlich, die Investitionen für die Anmietung der drei Etagen im Oeder Weg dauerhaft tragen zu können.

Der Kulturverein schätzt, dass in Frankfurt 15 000 Menschen russischer Abstammung leben. Außerdem betont der Verein ausdrücklich, dass auch Deutsche stets willkommen sind, egal ob bei Kursangeboten für Erwachsene oder im bilingualen Vorschulkindergarten. Richtig feiern werden die Vorschulkinder am kommenden Samstag ab 9.30 Uhr den Einzug in die renovierten Räume im Nordend.

Björn Hadem

 

FRANKFURTER RUNDSCHAU, 01.07.2005
Auf der Bühne fürs Leben lernen

Zweites regionales Kindertheater-Festival / Erstmals spielen russische Jungen und Mädchen mit

Zum zweiten Male hat das Schultheater-Studio Frankfurt ein regionales Kindertheaterfestival veranstaltet. Dabei wechselten sich Mädchen und Jungen dabei ab, selbst auf der Bühne zu stehen und den Kollegen bei ihren Auftritten zuzuschauen.

NORDWESTSTADT, 30.Juni – Eine Frage stellten die kleinen Schauspieler sich oft gegenseitig: „Warum habt ihr so leise gesprochen?“ Erst als sie selbst im Publikum saßen, merkten die jungen Bühnentalente, wie wichtig es ist, selbst im Rampenlicht laut und deutlich zu sprechen. „Das Publikum hört langsam“, macht die Erzieherin Tamara Buttkus deshalb ihren theaterbegeisterten Hortkindern der KT 115 aus Niederrad immer wieder klar.

Ihre Schauspieltruppe war beim zweiten regionalen Kindertheaterfestival des Schultheater-Studios Frankfurt Ende vergangener Woche zwar nur als Zuhörerschar gekommen, diskutierte aber untereinander eifrig die Vor- und Nachteile jener Inszenierungen anderer Kindergruppen, die sie gerade gesehen hatten. Eine muntere Diskussionsatmosphäre herrschte auch nach dem Auftritt der Mädchen und Jungen der Russischen Schule aus Frankfurt.

Die vom Verein zur Pflege der russischen Kultur betriebene Sachsenhäuser Einrichtung hatte ihre jungen Talente erstmals ins Rennen des Kindertheaterfestivals geschickt. Die treffen sich zwar üblicherweise, um jeden Samstag gemeinsam Russisch zu lernen; doch für die jüngste Festivalauflage hatten sie mit „Die Welt der Schwäne“ ein Theaterstück in deutscher Sprache einstudiert.
„Alle tun das Beste“

Auf der Bühne des Gemeindehauses des christlichen Zentrums Nordweststadt erlebte der zehnjährige Tymur Safonov seine erste Bewährungsprobe als Schauspieler. Ein Wollknäuel als wichtiges Requisit fehlte ihm endlos erscheinende Sekunden lang, als er es doch so dringend für die weitere Handlung gebraucht hätte. „Da denkst du, dass du jetzt durch den Boden fällst, weil alle gucken“, beschreibt er den unangenehmen Moment. Er resümiert das Festival positiv: „Egal ob Kleine oder Große, die Bemühung ist überall groß“, findet er. „Alle tun das Beste, was sie können.“

Jewgeni Sarmont, der bei der Kinderaufführung der Russischen Schule Regie führte, erlebte das Festival ebenfalls als eine wertvolle Bereicherung für die jungen Beteiligten: „Dadurch lernen die Kinder, große und wichtige Sachen im Leben zu verstehen – etwa was Gut und Böse ist, Krieg und Frieden, Liebe und Hass.“ Und dass eine Figur auf der Bühne nicht real ist, musste er den Kindern in den Proben ebenfalls beibringen. Immerhin blieb die Rolle der bösen Stiefmutter so lange unbesetzt, bis Jewgeni Sarmont die Spieler überzeugt hatte: „Nicht du bist böse, sondern nur die Rolle.“

Für die Organisatoren des Schultheater-Studios Frankfurt bedeutete das zweite Kindertheaterfestival einen Kraftakt, der nur durch reichlich ehrenamtliches Engagement möglich geworden war. Zwar hatte das Kulturamt städtische Fördermittel bereitgestellt.

Doch der Geldsegen dank eines bundesweiten Förderprojektes beim ersten Festival blieb diesmal aus. „Das Schwierigste ist es, an Zuschauergruppen zu kommen“, sagte die Pädagogikstudentin Arnika Gaertner über ihre Mitarbeit. Bedarf an einem solchen Angebot bestehe dennoch reichlich, denn sie weiß: „Für Kindertheater gibt es noch gar kein Netzwerk.“

Björn Hadem

 

FRANKFURTER NEUE PRESSE, 22.03.2004
Beim Frühlingsfest vertreiben Russen die Kälte

Sachsenhausen. Um Regen und Kälte endlich zu vertreiben, feierte der russische Kulturverein Slowo im Ikonenmuseum das russische Frühlingsfest. Masleniza dauert in Russland sieben Tage. In Frankfurt jedoch vertrieben Vereinsmitglieder und Gäste den Winter innerhalb weniger Stunden. In 90 Minuten wurden den Anwesenden die Bräuche des russischen Fastnachtfestes anhand von Tänzen, Sketchen und Liedern erklärt. Damit alle der Vorstellung folgen konnten, wurde sie auf Deutsch und Russisch moderiert.

Schüler der Samstagsschule präsentierten in kurzen Petticoats und weißen Spitzenblusen die traditionellen russischen Tänze, etwa Chorowod oder Katjuscha. In Sketchen erzählten Erwachsene, wie eine „Butterwoche“ in Russland gefeiert wird. Der Frühlingsbeginn war lange Zeit nicht nur der Beginn der Fastenzeit, sondern auch der richtige Zeitpunkt, um eine Braut auszuwählen. So gehörte der zweite Tag der Fastnachtswoche den ledigen Männern, die auf der Suche nach der Auserwählten durch die Straßen zogen. Wer dabei Erfolg hatte, war kurz später bei der Familie der Braut eingeladen. Und so nennt sich der fünfte Tag von Masleniza auch „Abend der Schwiegermutter“, der Name des sechsten Tages hingegen bedeutet übersetzt „ Zusammenhocken mit den Schwägerinnen“.

Und genau das wird an diesen Tagen auch getan. Abends sitzen alle bei Blinys, den russischen Pfannkuchen, zusammen. Dabei darf niemand das Haus mit einem solchen Bliny verlassen. Die Legende besagt nämlich, dass dies Unglück bringt. „Die Pfannkuchen symbolisieren die Sonne und sind somit auch ein Verbote des Frühlings“, sagt Slowo-Vorsitzende Natalia Vukolova.

Während in den ersten Tagen des russischen Frühlingsfestes kräftig gefeiert wird, geht es am letzten Tag eher besinnlich zu. Am „Sonntag der Vergebung“ soll jeglicher Streit des vergangenen Jahres aus der Welt geschafft werden. Und so fahren die Menschen umher und bitten jeden um Vergebung, denen sie Unrecht getan haben. In den Abendstunden des selben Tages wird außerdem die Masleniza-Puppe verbrannt. Sie ist ein Symbol für den Winter, der somit endgültig vertrieben wird. Ein Feuer konnte am Freitag im Ikonenmuseum zwar nicht entfacht werden, die kleinen Besucher bastelten aber unter Anleitung eigene kleine Puppen. Außerdem waren im Gang des Museums zahlreiche Spiele aufgebaut, die den Kindern nicht nur aus der Heimat ihrer Eltern bekannt waren.

„Hier werden auch die Gemeinsamkeiten beider Kulturen deutlich. Viele Spiele, wie ‚Reise nach Jerusalem’ oder Eierlauf, kennen wir aus Russland und Deutschland“, sagte Frau Vukolova. Zum zweiten Mal organisierte sie mit ihrem Verein eine Veranstaltung im Ikonen-Museum. „Das ist für uns eine gute Gelegenheit, vielen Menschen die russische Kultur näher zu bringen. Wir müssen mehr von einander wissen“. Die Feste finden nicht nur bei den Besuchern, sondern auch beim Museum großen Anklang. „Alles ist immer fantastisch organisiert und mit so viel Fantasie umgesetzt. Das war sicher nicht die letzte Zusammenarbeit“, sagte Snejanka Bauer, Kuratorin der aktuellen Ausstellung „Als Chagall das Fliegen lernte“. Auch in den Bildern, die dort gezeigt werden, können einige der russischen Bräuche um Masleniza entdeckt werden.

Der Verein Slowo zählt 90 Mitglieder. 100 Kinder besuchen die Samstagsschule, in der die russische Sprache, Kultur und traditionelle Tänze gelehrt werden. Doch Jugendliche engagieren sich nur wenige bei Slowo. „Ältere Kinder, die hier aufgewachsen sind, sind schwer zu erreichen“, erklärt Frau Vukolova. Deshalb möchte sie eine Deutsch-Russische Theatergruppe für junge Leute ins Leben rufen, die Spaß daran hätten, ein russisches Theaterstück auf die Bühne zu bringen. In welcher Sprache wir spielen, weiß ich aber noch nicht.“

Interessierte können sich unter 62700577 an Natalia Vukolova wenden.

(kan)

 

FRANKFURTER NEUE PRESSE, 08.12.2003
Verein bringt russisches Flair in die Stadt

Sachsenhausen / Innenstadt. Für die einen ist es ein Stück Heimat, für die anderen eine Gesellschaft, die ihr Interesse an der russischen Sprache und Kultur teilt. Die Rede ist vom Verein Slowo, ein Verein zur Pflege der russischen Kultur in Frankfurt, vor zwei Jahren gegründet von Eltern, von denen mindestens Mutter oder Vater aus der ehemaligen Sowjetunion stammt. Die Beweggründe zu diesem Schritt waren der Wille der Eltern, ihren Kindern den Zugang zur Sprache, Kultur und Literatur beider Länder zu ermöglichen. Außerdem hatten sie den Eindruck, dass Kinder in Deutschland zwar in einer reichen Spaßgesellschaft aufwachsen, aber keine reiche kulturelle Bildung erhalten.

Deshalb wurde nur wenige Monate später die russische Samstagsschule „Slowo“ (deutsch: das Wort) ins Leben gerufen. Mittlerweile besuchen 86 Mädchen und Jungen verschiedener Altersstufen russische Sprachkurse und beschäftigen sich mit Literatur, Kunstgeschichte, Musik oder Schach. Der Verein bemüht sich aber auch, die Integration von Migranten aus den GUS-Ländern zu erleichtern, indem er ausbildungsorientierte Elternseminare, psychotherapeutische und soziale Beratungen, Jugendfreizeiten und Deutschkurse für Erwachsene anbietet. Ebenso können alle, die Russisch sprechen möchten, an Sprachkursen teilnehmen.
Um den Dialog zwischen Deutschen und Russen zu fördern, regte die Gründerin und Direktorin des Vereins, Natalia Vukolova aus Sachsenhausen, einen Stammtisch im „Galerie-Café Art Point“ in der Braubachstraße an. „Das Interesse an Russland ist groß“, weiß die gebürtige Moskauerin. „Ich organisiere Reisen für deutschsprachige Fernsehteams nach Russland, und die Einschaltquoten für Sendungen zu diesem Thema sind immer hoch. Wir wollen Deutsche und Russen zusammenführen und ihnen die Möglichkeit geben, sich besser kennen zu lernen.“

Dazu müsse man kein Russisch sprechen, das Interesse an der anderen Kultur sei Grund genug, einfach zum Stammtisch zu kommen. Jeden ersten Donnerstag im Monat finden die Treffen statt. Die Themen reichen von der russischen Küche bis zu Reiseerfahrungen durch das Land und Veranstaltungen über russische Literatur. „Wir versuchen, immer intellektuelle Themen mit anderen interessanten Aspekten des Landes abzuwechseln. So ist für jeden etwas dabei.“

Gast des Dezembertreffens war der renommierte Übersetzer und Herausgeber Peter Urban, der vor allem russische, aber auch serbische und tschechische Werke ins Deutsche übertragen hat. An Übersetzungen von Puschkins Werken ins Deutsche zeigte er den Zuhörern, wie entstellt die Sprache des Dichters teilweise in Übersetzungen wiedergegeben wird.

„Manche dachten nach dem Krieg: ‚Ich kann Deutsch und Russisch, und so kann ich übersetzen.’ Sie hatten aber keine philologische Bildung und sind dem Text nicht nahe genug gekommen“, erklärte Urban. Die interessanten Ausführungen machten Lust auf russische Literatur. Allerdings liegt sein Schwerpunkt nicht auf modernem Schriftgut: „Die jungen Autoren sprechen eine russische Sprache, die nicht meine ist.“
Ein weiteres Thema der kommenden Stammtische könnte nach Vorstellung von Natalia Vukolova lauten: „Mit einem Motorrad durch Russland“. Auch würde sie gerne den Frankfurter Schriftsteller Jürgen Roth einladen, der Sachbücher über die „Russische Mafia“ schreibt.

„Der nächste Stammtisch im Januar wird ausnahmsweise nicht der erste Donnerstag im Monat sein“, informiert sie. „Dieses Treffen findet am 13. Januar statt, denn dann feiern wir das Alte-Neue-Jahr mit Ded Moros und Podarki, Wahrsagereien, Sylvesterspielen und einem großen Büfett.“ Deshalb bittet der Verein, sich bei Interesse anzumelden. „Die Karten für diese Veranstaltung kosten 35 Euro. Die Treffen des Stammtisches sind natürlich kostenlos“, betont Natalia Vukolova.

Désirée Hanemann